Gaza

Während ich diese Zeilen hier schreibe, beginnt ein Krieg im Gazastreifen. Ich verstehe nicht, weswegen sich das Menschen noch immer antun.
Syrien. Burkina Faso. Nigeria. Demokratische Republik Kongo. Somalia. Südsudan. Afghanistan. Jemen. Ukraine.
Ich will mich nicht aufschwingen, die Situationen zu beurteilen, denn das vermag ich nicht. Sie scheinen komplex, von vielen verschiedenen Perspektiven und Vorfällen durchdrungen. Und ich sitze hier auf meinem herbstlich beschienenen Balkon, da fällt es leicht über Solidaritätsgedanken und Unverständnis zu sprechen – es hat im weitesten Sinn keine Konsequenz und auch keine Auswirkung. Ich bin frei. Lebe in einem Land, in dem ich mit Trinkwasser dusche, öffentliche Verkehrsmittel benutze, Zugang zu medizinischer Versorgung habe. Ich kann gut reden. Und gleichzeitig mache ich mir viele Gedanken. Doch was nützt meine Solidarität und meine Empathie? Wem nützt sie? Und was nützt überhaupt in solch einer Situation? Mein Verstand sagt, dass ich nicht genügend Wissen besitze, um mich zu äußern. Mein Gefühl sagt, dass es große Scheiße ist, die hier passiert und dass ich ausdrücken muss, wie fragwürdig ich das finde. Wir machen das so lange schon auf diese Weise. Wohin bringt uns das? Und wie weit? Was sagt das über unseren Entwicklungsgrad als Menschen aus? An welcher Stelle trage ich eventuell dazu oder zu der zugrundeliegenden Haltung bei, ohne das zu wollen?
Und immer dieselben Punkte für mich:

Ich frage nach dem Nutzen militärischer Antworten und Kriege.
Ich finde keinen.
Meine Überzeugung ist, dass sich diese Interventionsstrategien dringend ändern müssen und ich verstehe nicht, weswegen sie das nicht tun.

Soviele, die sterben. Menschen, die nicht gefragt wurden. Männer, die kämpfen, weil sie müssen, nicht weil sie wollen. Söhne, Töchter, Väter, Mütter, Kinder.
Landstriche, die komplett zerstört sind.
Länder, die dem Erdboden gleichen.
Das kann nicht unser Ernst sein.
Man kann mir Naivität unterstellen, aber ich bin nicht bereit zu glauben, dass eine militärische Auseinandersetzung beziehungsweise ein Krieg am Ende die einzige Antwort bleiben soll. Wirklich?
Es gelingt uns, Wege ins All zu finden – einen Lebensraum, der nicht feindlicher für uns sein könnte und wir finden keinen Weg aus dieser Art der Feindlichkeit hinaus? Wirklich? Haben wir alle Perspektiven gehört und hingehört? Sind wir im Dialog geblieben, mit Blick auf eine gemeinsame Zukunft? Haben wir nicht nur die Haltung des anderen, sondern auch unsere eigene hinterfragt und statt eines mit dem anderen aufzuwiegen nach dem Gemeinsamen gesucht?

Wenn wir eine Vision von gemeinsamer Zukunft hier auf diesem Planeten haben, sollten wir an dieser Art des Umgangs etwas ändern. Im Kleinen und im Großen. Zuhören, hinhören, hinsehen. Die Geschichten des anderen verstehen, Gemeinsamkeiten statt Trennungen suchen. Dialog- und Versöhnungsprozesse. Frieden. Das „Wofür“ im Blick behalten.
Im Kleinen weiß ich, dass es geht. Auch hoch verzwickte Konflikte lassen sich lösen, ohne in Gewalt zu eskalieren. Das ist mühsam, braucht Zeit, geeignete Ziele und die richtige Begleitung. Dafür bringt es Öffnung und nicht Tod und Vernichtung mit sich. Wir sind alle Menschen. Ich habe viele Fragen.
„Für Sama“. Eine der eindrücklichsten Dokumentationen, die ich gesehen habe. Alles gesagt, man bleibt schweigend zurück. Schaut ihn euch an.

Wir müssen andere Wege finden. Diese hochentwickelte Zivilisation.
Es ist Zeit.
Zeit, zu zeigen, wer wir sein wollen und wovon wir reden, wenn wir Solidarität, Mitgefühl, Menschlichkeit und vor allem Zukunft meinen.

Manoni